03. Oktober 2023

Liebe Freund:innen von «Zürich liest»
Es ist schon ein umwerfendes Programm, das viele Co-Veranstalter:innen und wir selbst von Zürich liest jeweils zusammenstellen.
Da kann man leicht den Überblick verlieren. Doch es ist eigentlich ganz einfach:
 
Im Programmheft, das in vielen Buchhandlungen aufliegt, sind alle Veranstaltungen chronologisch geordnet, es gibt ein Personenregister und eine Liste der Leseorte. Das Angebot für Kinder findet sich am Schluss.
 
Online findet sich das alles auch, dort kann man aber zusätzlich suchen und filtern – oder gar ein eigenes Programm zusammenstellen und als PDF downloaden. Und natürlich geht's mit einem Klick zum Vorverkauf.
 
Oder Sie lassen sich von unseren Tipps inspirieren.
Drei Lieblingstipps von Arlette Graf
Eine mörderische Tramfahrt, ein rasantes politisches Debüt und ein Abend über sexualisierte Gewalt.
Während ich koche, läuft bei mir eigentlich immer ein Podcast. Nicht selten ein sogenannter «True Crime Podcast» – es werden also wahre Kriminalfälle nacherzählt. Nicht gerade True Crime, aber zumindest inspiriert von ihrer eigenen Arbeit sind die Krimis von Rechtsmedizinerin Saskia Gauthier. In «Verborgene Schreie am Vrenelisgärtli» erzählt sie den zweiten Fall ihrer Protagonistin Lisa Klee, ebenfalls Rechtsmedizinerin. Auch wenn ich selbst vermutlich anderweitig eingespannt sein werde: Am Sonntagnachmittag würde ich liebend gerne eine Stunde mit Lisa Klee im Krimitram durch die Stadt fahren!
 
Nicht im Tram, sondern im Taxi spielt das Debut von Priya Guns: «Your driver is waiting». Protagonistin ist eine indische Taxifahrerin in einer namenlosen Grossstadt, die sich ausgerechnet in eine reiche, weisse Sozialarbeiterin verliebt. Ein Buch, das wahnsinnig unterhaltsam ist, und gleichzeitig extrem politisch. Denn: Es geht um weitaus mehr als um das individuelle Leben der Taxifahrerin Damani. In direkter und unverblümter Sprache schreibt Priya Guns über Klasse, Rassismus, Klima oder Queerness – um nur einige Themen zu nennen. Guns wurde in Sri Lanka geboren, wuchs in Kanada auf und hat Creative Writing studiert. Auf das Gespräch mit ihr, Journalistin Nina Kunz und Buchhändlerin Melina Korros freue ich mich sehr.
 
Für ihr Buch «Hast du Nein gesagt?» haben die beiden Journalistinnen Natalia Widla und Miriam Suter mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt gesprochen und recherchiert, wie Polizei, Sexualstrafrecht und Opferberatungsstellen in der Schweiz mit Fällen von sexualisierter Gewalt umgehen – und wo es Handlungsbedarf gibt. Ausgehend von ihren eigenen Erfahrungen mit sexualisierter Gewalt schrieb die italienische Journalistin Valentina Mira ihren Roman «X». Ein Buch, das mich unglaublich wütend gemacht hat, das so schmerzhaft ist, weil es nicht nur nachzeichnet, wie ein einziger Abend für immer Spuren im Leben eines Menschen hinterlässt, sondern auch aufzeigt, weshalb so viele schweigen über das, was sie am liebsten vergessen möchten. Denn: Wie soll man über sexualisierte Gewalt sprechen, wenn man davon ausgehen muss, dass einem nicht geglaubt wird? Zugegeben: Dem Abend mit Widla, Suter und Mira schaue ich nicht nur mit Vorfreude entgegen. Aber genau darum geht es ja: dass wir endlich nicht mehr schweigen, weghören, so tun, als ob alles in Ordnung sei. Und ja, gemeinsame Wut tut in diesem Fall gut.
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Die grossen Namen
Schon beeindruckend, wieviele sehr bekannte Schriftsteller:innen jeweils Ende Oktober den Weg nach Zürich finden. Oder nicht? Und das Beste: Man kann sie alle treffen bei «Zürich liest».
Adolf Muschg im Gespräch mit Charles Linsmayer. Monika Helfer liest auf dem Schiff. Michael Köhlmeier kommt mit seinem neuen Roman. Lukas Bärfuss liest in Dielsdorf. Adriana Altaras wird von ihrer Tante erzählen. Milena Moser ist mal wieder in Zürich und macht eine Tramfahrt. Alex Capus ist auch schon fast auf dem Weg an die Limmat. Michel Friedman wird erwartet. Assav Gavron auch. Andrej Kurkow bringt seinen neuen Krimi mit. Francesca Melandri ist im Literaturhaus. Uwe Timm liest aus seiner Teilautobiografie im Festivalzentrum. Patrik Svensson kommt aus Schweden.
Wer gehört noch auf die Liste? Alle Mitwirkenden finden sich alphabetisch geordnet online.
Die Entdeckungen
Ein Festival wie «Zürich liest» hat auch Menschen im Programm, deren Werke für viele neu und überraschend sind. Machen wir Entdeckungen!
Die Sofalesungen am Sonntagabend werden dieses Jahr bestritten von: Olga Lakritz, Carlo Spiller und Michal Steinemann. Es geht um Selbstermächtigung, den Weg zum Weg eines Schriftstellers und eine eigenwillige Schwesternbeziehung.
Ein Debüt zwischen den Kulturen liefert Sara Wegmann mit «Sırma» – sie ist in Winterthur und im Festivalzentrum und der Buchhandlung Bodmer zu erleben – dort zusammen mit Alan Schweingruber.
«Und dazwischen ein Ozean» erzählt die Geschichte zweier Schwestern, die als Menschen unterschiedlicher nicht sein könnten – genau wie ihre Lebensgeschichten. Martina Meienberg liest in Höngg aus ihrem unglaublich packenden, eleganten und temporeichen Debüt.
«Berghütte» bzw. im Original «Galel» ist Fanny Desarzens' Debüt über drei Menschen im Angesicht einer mächtigen Berglandschaft, die das Wichtige nicht mehr sagen müssen, sie hat dafür einen Schweizer Literaturpreis bekommen. Fanny Desarzens liest zusammen mit Angelika Waldis. Waldis' Roman heisst «Berghau» – nur für das S am Schluss hat's nicht mehr gereicht. Warum? Das erfahren Sie dann auf der Schifffahrt mit den beiden.
In Bewegung
Ein interessanter Rundgang und passende Literatur tut immer gut.
Am Ende dieser Umrundung der Welt. Die Poesie in diesem Satz in kein Zufall, denn er stammt von Dichter:innen, die beim alljährlichen Einsamen Begräbnis für jene, die einsam gestorben sind, das Wort für und auf die Verstorbenen ergreifen. Bei «Zürich liest» werden schöne und verlassene, belebte und unscheinbare Orte besucht, begegnet man wahrscheinlich russischen Lastwagenfahrern, einer kleinen Frau mit Schal, vielleicht dem Friedhofsgärtner und einer Geigerin. Der Spaziergang ist ein gemeinsames Andenken, es darf gelacht, geweint und gesprochen werden. Mit Melanie Katz und Alexander Estis und Simon Kägi. Am Samstag, 28. Oktober, und am Sonntag, 29. Oktober, jeweils 14:00 und 16:00 Uhr.
Hildegard Keller absolviert ein halbes Rundgang-Marathonprogramm: Unter anderem zu Silvana Lattmann, klugen Frauen und Männern auf dem Weg in die Moderne, Lydia Welti-Escher und zur Medizinhistorie. Und es werden immer Erfrischungen gereicht, natürlich.
Gabriela Kasperski macht ihren Krimis Beine: «Zürcher Glut» vom Lindenhof durch die Altstadt; Literarischer Krimispaziergang im Friedhof Enzenbühl; «Zürcher Filz» vom Seeburgpark zur Villa Patumbah.
François G. Baer und Yves Baer nehmen Sie mit in die Zeit der Aufklärung in Zürich. Sie richten den Fokus auf Ereignisse und Akteure der Aufklärung, wie Goethe zu Gast bei Lavater, den Fall Waser oder Salomon Gessners Idyllen. Der Rundgang zeigt wichtige Schauplätze und endet im Festivalzentrum Karl der Grosse.
Für die Kleineren
Niemand zu klein, Bücherfan zu sein.
Tradition hat das kleine «Zürich liest» im GZ Riesbach am Wochenende. Dieses Jahr unter anderem mit Britta Vorbach und Wildkatzen. Julia Böhme und Conni haben einen Auftritt. «Das blaue Buch» – Lesung und Live-Zeichnen mit Albertine und Germano Zullo. Und dann gibt es am Samstag noch ein Livehörspiel mit Steffi und Benno von Silberbüx. Jetzt nicht schlappmachen, denn am Sonntag geht es weiter mit S.O.S. Svalbard. Triff dich mit Lea und Finn, denn die zwei Hunde langweilen sich ganz furchtbar – oder vielleicht doch nicht? Tom Reed weiss mehr dazu. Jens Schumacher lädt zum Escape-Abenteuer. Kati möchte Grossvater werden, ob's gelingt, weiss Signe Viška. Und Peter Stamm kommt auch noch zu Besuch mit seinem Kinderbuch.
Es gibt noch mehr für Kinder: Tiergeschichten aus Nordamerika im NONAM zum Beispiel; eine Führung und Lesung in der Sternwarte; die Mount-Teens sind auch wieder in der Stadt und bei «Minka Mau und das Monster» erzählt und bastelt Doris Lecher mit Kindern ab 5.
Und es gibt noch viel, viel, viel mehr. Einfach online unter Kinder- und Jugendbuch nachschauen.
Auf Wiedersehen bei «Zürich liest» rufen aus dem Festivalbüro
Martin Walker & Arlette Graf
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